Von einer Wolke zur anderen fliegen

16.07.2012 | Passauer Neue Presse | Michael Scheiner

Duo Wright / Midón erobert Herzen beim Bluetone-Samstag

Es hat zunächst ein wenig gedauert. Nach dem famosen Auftritt von Lizz Wright und Raul Midón war der eher bescheidene Zuhörerkreis im Zelt beim Bluetone-Festival gegenüber den „German Jazz Masters – Old Friends“ erst einmal spürbar reserviert. Vielleicht haben schon die Vokabeln „german“ und „old“ Jüngere von einem Besuch am Samstag abgehalten. Sie haben etwas verpasst.

Nach zwei weniger berauschenden Mainstreamnummern kippte die Stimmung mit Wolfgang Dauners „Wendekreis“ gründlich und bescherte den großen alten Herren des deutschen Jazz Standing Ovations. Verdient und keineswegs nur wegen ihres Alters: Dauner ist 77 und die beiden Bläser Klaus Doldinger und Manfred Schoof immerhin auch schon mit 76 Lenzen im aufrechten Kreuz. Die um ein von Minimal Music inspiriertes rhythmisches Motiv herum gebaute Komposition, ursprünglich „Wendekreis des Krebses“, hat Dauner mit vielen Bands in ganz unterschiedlichen Kontexten gespielt, ohne dass sie an Wirkung eingebüßt hätte. Auch in Straubing beschwor das repetierende Auf- und Abschwellen im Zusammenspiel mit einem herzerwärmend innigen Solo des wundervollen Lyrikers Manfred Schoof auf dem Flügelhorn ein Gefühl von tranceartiger Magie. Diese hielt an und trug die Band mit zunehmend beseelteren und leidenschaftlicheren Soli, darunter vom fusion-geprägten Wolfgang Schmid an der Bassgitarre und Meinhard „Obi“ Jenne, mit 41 Jahren das Küken der Band am Schlagzeug, bis zum bluesig-kraftvollen Schluss mit „TransTanz“.

Im Anschluss setzte „Fourplay“ mit einem beeindruckenden Chuck Loeb an der Gitarre und melodiösem Fusion-Jazz eigener Prägung eine dynamisch exzellente Abrundung. Einen stärkeren Eindruck aber hinterließen die Sängerin Lizz Wright mit ihrer imposanten Altstimme und der blinde Gitarrist und Sänger Raul Midón. Dieser rief in Gestus und Stimme immer mal wieder Erinnerungen an den großen Ray Charles mit seiner umwerfenden Präsenz und souligen Diktion wach. Bestens unterstützt von Schlagzeug und Bass genoss es die 32jährige Pfarrerstochter Wright mit der tiefen Stimme, die seit ihrem Debüt vor knapp zehn Jahren eine beispiellose Karriere gemacht hat, mit Midón im Duett zu singen. Die zwei passen, gerade auch wegen der Stimmlagen und verschiedener Temperamente, extrem gut zusammen. Federnd spielen sie sich die Bälle zu, ergänzen sich, heben mit „My Heart“ und „Hit The Ground“ ab. Wenn Wright am Ende einer Phrase die Silbe wieder bis zur Unendlichkeit dehnt, wünscht man sich insgeheim, dieser Flug möge niemals enden. Dann setzt Midón wieder mit seinem eigenwilligen, genialen Spiel auf der Gitarre ein und man wechselt einfach von einer Wolke zur anderen. In wunderschönen, warmen Soul-balladen fragt der SingerSongwriter „Was it ever really love“, war es wirklich Liebe oder waren die beiden nur in ein Bild von einander verliebt?

Gospelgeprägter R&BSound, durchaus mit Pathos aber unsentimental, dem Duo Wright & Midón hätte man gern länger zugehört. Leider hatten sie schon viel Zeit mit dem Soundcheck verschenkt.